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Umbruchstelle

Grundsatzhaltung und Jahresberichte

GRUNDSATZHALTUNG

Heranwachsende haben in der Zeit zwischen ihrer Adoleszenz und dem Übergang ins Erwachsenenleben eine Fülle von Herausforderungen und Aufgaben zu bewältigen. Einerseits beginnen sie ihre geschlechtliche Identität zu erkunden und müssen mit gravierenden Veränderungsprozessen ihres Körpers zurechtkommen. Andererseits sollen sie sich allmählich von ihrem Elternhaus ablösen und ein eigenes soziales Netz aufbauen. Zudem wird erwartet, dass sie eigene Zukunftsperspektiven und Weltanschauungen entwickeln, ihre Grenzen erkunden und erkennen, sowie lernen für sich und ihre Umwelt Verantwortung zu übernehmen.

Quer durch die Disziplinen und Professionen wird der Entwicklungsphase zwischen 18 und 25 Jahren mittlerweile eine besondere Bedeutung attestiert. Dementsprechend muss diese Phase ganzheitlich dargestellt werden.

  • In der Entwicklungspsychlogie erlangt die Emerging Adulthood Theorie (Arnett, 2015) besondere Beachtung. Die Theorie handelt vom "Jungen Erwachsenen Alter" als eigene Lebensphase, die unter anderem durch hohe Mobilität, hohes Risikoverhalten (bspw. bei Substanzkonsum oder ungeschütztem Geschlechtsverkehr) und Exploration geprägt ist.

  • Die Neurobiolgie wies nach, dass z.B. die Exekutivfunktion des Gehirns, verantwortlich für langfristiges Planen, erst mit 27.Jahren vll entwickelt ist.

  • Im Kontext der gesellschaftlichen Veränderung von Übergängen ins Erwachsenenalter spricht man heutzutage von sogenannten „Yoyo-Übergängen“. Sie zeichnen sich durch de-linearen, de-fragmentierte und reversible Verlaufsformen aus (Stauber & Walther, 2016). Entscheidungen wie die Ausbildungs- oder Berufswahl sind nicht mehr in Stein gemeiselt. Dies führt zu Unsicherheit in der Lebensphase, wobei Risiken und Möglichkeiten dieser neuen Unsicherheiten ungleich verteilt sind.

  • In der Sozialen Arbeit gelten Junge Erwachsene, auch aufgrund der genannten altersspezifischen Merkmale, als schwer erreichbare Zielgruppe, die viel Beziehung und Zuwendung benötigt und eigene altersspezifische Gründe (z.B. Rauswurf aus dem Elternhaus) hat, warum sie in Notlagen geraten:

    • In der Kinder- und Jugendhilfe wird unter dem Begriff „Verselbstständigung“ diskutiert, wie fremduntergebrachte Kinder und Jugendliche auf eine selbständiges und unabhängiges Leben ab dem 18.Geburtstag (und dem Wegfall der verpflichtenden Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe) vorbereitet werden können (siehe dazu u.a. Dokumentation der Fachtagung zum internationalen Care Day 2024)

    • Auch im Bereich der Wohnungslosenhilfe wird die konstant hohe, und stark statistisch untererfasste (Forum Wohnungslosenhilfe Salzburg, 2023; Lamei et al. 2024; Schnell, 2024) Zahl an Jugendlichen und Jungen Erwachsenen (zwischen 17% und 34% abhängig von Datenquelle und Zählweise, siehe u.a. AG Junge Wohnungslose, 2021; Statistik Austria, 2024), von Entscheidungsträger*innen zunehmend als Problem erkannt (z.B. Verband Wiener Wohnungslosenhilfe, 2023).

    • In der psychiatrischen Versorgung startet das Konzept der sog. „Transitionspsychiatrie“ (Haydn, 2024) und eröffnete eine eigene Stelle des Pschyosozialen-Dienstes (PSD) für Junge Erwachsene.

    • Dasselbe betrifft den Gewaltschutz. Vergangenes Jahr entstand das erste Frauenhaus für minderjährige Mädchen und junge Frauen. Die Vorannahmen, dass diese Zielgruppe gesonderte, spezifische Unterstützung benötigt bewahrheitete sich (Brož und Markanović-Riedl, 2024).

 

Die [um]bruch:stelle setzt sich für die Anerkennung der Besonderheit dieser Lebensphase und die Notwendigkeit altersspezifischer Angebote ein. Um beides zu betonen verwenden wir auch die Bezeichnung Junge Erwachsene als Eigenname mit großen Anfangsbuchstaben.

Quellen

  • AG Junge Wohnungslose (2021): Über den Bedarf eines Gesamtkonzepts für junge Erwachsene in der Wohnungslosenhilfe. Wien: Arbeitsgruppe Junge Wohnungslose.

  • Arnett, Jeffrey Jensen (2015): Emerging Adulthood. The Winding Road from the Late Teens Through the Twenties. New York: Oxford University Press.

  • Forum Wohnungslosenhilfe Salzburg, 2023: Wohnbedarfserhebung 2022. Salzburg: Forum Wohnungslosenhilfe Salzburg.

  • Lamei, Nadja / Korunovska, Jana / Glaser, Thomas (2024): Aktualisierte Kennzahlen zu registrierte Obdach- und Wohnungslosigkeit. Sonderauswertung für Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Statistik Austria: Wien.

  • Schnell, Philipp (2024): Machbarkeitsstudie: Datenbasis zu Obdachlosigkeit, Wohnungslosigkeit und prekärem Wohnen. Wien: BMSGPK.

  • Statistik Austria (2024): Tabellen zum Tabellenband EU-SILC 2023. Wien.

  • Stauber, Barbara / Walther, Andreas  (2016): Junge Erwachsene. Eine exemplarische Lebenslage für die Ausformulierung einer Sozialpädagogik des Übergangs. In: Schröer, Wolfgang / Struck, Norbert / Wolff, Mechthild (Hg.), Handbuch Kinder- und Jugendhilfe. Weinheim und Basel: Beltz Juventa. 135-163.

  • Verband Wiener Wohnungslosenhilfe (2023): Jung und wohnungslos in Wien. Ein Teil der Stadt? Situationsbericht 2023. Wien.

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